Moderne Softwaresysteme stehen vor wachsenden Anforderungen: Sie müssen skalieren, ausfallsicher sein, schnell auf Änderungen reagieren und sich nahtlos in komplexe Systemlandschaften integrieren lassen. Traditionelle, synchrone Architekturen stoßen dabei zunehmend an ihre Grenzen – nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch, wenn Teams unabhängig voneinander entwickeln und deployen möchten.
Event-Driven Architecture (EDA) bietet einen bewährten Ansatz, um diese Herausforderungen zu meistern. Durch die konsequente Entkopplung von Systemkomponenten über asynchrone Ereignisse entstehen resiliente, skalierbare und wartbare Architekturen. Doch der Übergang von request-response-basierten zu event-getriebenen Systemen erfordert ein Umdenken – sowohl beim Design als auch bei der Implementierung.
Dieses Manuskript richtet sich an Softwareentwickler, Architekten, IT-Projektleiter und IT-Manager, die ein tieferes Verständnis für moderne Integrationsansätze gewinnen möchten. Technische Vorkenntnisse sind hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich. Auch ohne Programmierhintergrund lassen sich die Konzepte und Beispiele nachvollziehen.
Nach dem Durcharbeiten des Manuskripts werden Sie:
Dieses Manuskript vermittelt Architektur- und Designprinzipien, nicht die Tiefe spezifischer Technologien. Apache Kafka dient als praktisches Transportmittel für Events, steht aber nicht im Mittelpunkt. Stattdessen lernen Sie, wie event-getriebene Systeme grundsätzlich funktionieren – unabhängig von der gewählten Infrastruktur.
Event-Driven Architecture ist kein Randthema und kein „nice to have“-Pattern, das man nebenbei einführt. Es handelt sich um ein komplexes Paradigma, das viele gewohnte Denkweisen klassischer, sequentieller Systeme auf den Kopf stellt. Wer EDA verstehen und erfolgreich einsetzen will, muss bereit sein, sich auf neue Modelle einzulassen und diese konsequent durchzudenken.
Das bedeutet: - Das Lernvolumen ist hoch und die Konzepte greifen
ineinander.
- Ein selektives Herausgreifen („Cherry Picking“) einzelner Aspekte
führt in der Praxis schnell zu problematischen und
schwerwiegenden Fehlern.
- Präzises Verständnis ist notwendig, da kleine
Architekturentscheidungen große Auswirkungen auf Skalierbarkeit,
Resilienz und Konsistenz haben können.
Dieses Manuskript legt deshalb Wert auf Klarheit, Systematik und Vollständigkeit, auch wenn dies für viele Teilnehmer bedeutet, dass sie sich mit zunächst ungewohnten oder komplexen Konzepten auseinandersetzen müssen.
Ein wesentlicher Teil der Übungen besteht aus Szenarien und Diskussionsaufgaben. Gemeinsam überlegen wir, wie EDA-Konzepte in Projekten angewendet werden können, welche Vor- und Nachteile entstehen und wie konkrete Architekturen aussehen könnten. Das macht die Inhalte auch für Teilnehmer ohne Programmierkenntnisse nachvollziehbar und praxisrelevant.
Alle Beispiele greifen ein konsistentes E-Commerce-Szenario auf: Von der Bestellabwicklung über Zahlungsverarbeitung bis hin zur Lieferlogistik. Dieses realitätsnahe Beispiel macht abstrakte Konzepte greifbar und zeigt, wie verschiedene EDA-Patterns ineinandergreifen.
Code-Beispiele sind vorhanden und werden vor allem demonstrativ eingesetzt – in Spring Boot (Java) und Python. Sie verdeutlichen die Konzepte, sind aber kein zwingender Bestandteil der Übungen. Auch ohne selbst zu programmieren, können Sie die Abläufe nachvollziehen.
Das Manuskript folgt einer logisch aufbauenden Struktur in mehreren Phasen:
| Thematischer Block | Kapitel | Inhalt |
|---|---|---|
| Grundlagen und Konzepte | 3-8 | Einleitung und EDA-Prinzipien, Motivation durch Entkopplung/Skalierung, Architekturziele und Anwendungsfelder, Abgrenzung zu REST, Events vs. Commands vs. Messages, Domain Driven Design Integration |
| Kommunikationsarchitektur | 9-14 | Asynchrone Kommunikation (Producer-Broker-Consumer), Event- vs. Message-Driven Thinking, Transportinfrastruktur mit Kafka, Topics/Partitionen/Replikation, Consumer Groups und Offset-Management, Fehlerverhalten und Resilience Patterns |
| Event-Modellierung und -Design | 15-19 | Event-Typen (Zustandsänderung, Aktion, Ableitung), Semantik und Granularität, Serialisierung und Formatwahl, Schema Evolution und Versionierung, Event-Namen, Kontrakte und Bounded Contexts |
| Event-Produktion | 20-25 | Producer-Architektur und Separation of Concerns, Ereignisse als Nebenprodukt vs. explizites Publishing, Spring Boot Event-Erzeugung (KafkaTemplate), Python Event-Erzeugung (confluent-kafka), Serialisierung, Transaktionen und Idempotenz, Logging, Fehlerbehandlung und Retry |
| Event-Konsumption und Verarbeitung | 26-37 | Consumer-Architektur und Lifecycle, Push vs. Pull-Verarbeitung, Spring Boot Eventverarbeitung (KafkaListener), Python Eventverarbeitung (polling loops), Offset-Handling (manuell vs. automatisch), Fehlertoleranz und Dead Letter Topics, Stateless vs. Stateful Processing, Event Replay und Zustandsaufbau, Kafka Streams Grundlagen |
| Integration und Systemkopplung | 38-43 | Integrationsmuster für Legacy-Systeme, Outbox Pattern für transaktionale Garantien, Change Data Capture (CDC), Eventisierung von REST/Datenbankaktionen, Synchron-asynchrone Übergänge, Systemgrenzen und Kompatibilität |
| Event Sourcing und CQRS | 44-47 | Event Sourcing Prinzipien und Herausforderungen, Unterschiede zu klassischen Write Models, Projections, Snapshots und Aggregation, CQRS als Command-Query-Separation |
| Workflows und Orchestrierung | 48-52 | Choreographie (dezentrale Workflow-Koordination), Orchestrierung (zentrale Workflow-Steuerung), Vergleich und Anwendungsszenarien, Distributed Transactions und Saga Pattern, Workflow-Modellierung mit Events |
| Request-Response Integration | 53-56 | Synchrone Schnittstellen in asynchronen Systemen, Real-time Requests aus Event-Streams, Backend-for-Frontend (BFF) Patterns, Microfrontend-Integration |
| Testbarkeit und Entwicklung | 57-62 | Unit Tests für Producer und Consumer, Contract Testing auf Event-Ebene, Integrationstests mit Testcontainers, Event-Flow-Simulation, Design für Testbarkeit, Test-first Development für EDA |
| Betrieb und Monitoring | 63-67 | Kafka-Betrieb (das Nötigste), Monitoring und Metriken (Consumer Lag, Error Rate), Logging-Strategien, Alerting für Eventfluss, Deployment-Strategien für EDA |
| Weiterführende Themen | 68-69 | Serverless Event Processing (FaaS), Event Meshes, Streaming und Cloud-Patterns, Abschließende Empfehlungen und Evolution Strategies |
Die Code-Beispiele können nachvollzogen werden, wenn die technischen Voraussetzungen erfüllt sind, sie sind jedoch nicht verpflichtend für das Verständnis. Für die Szenarien und Übungen reicht es, die Konzepte zu diskutieren und zu übertragen.
Die Kapitel bauen inhaltlich aufeinander auf, besonders ab Kapitel 4. Für ein vollständiges Verständnis empfiehlt sich das sequenzielle Durcharbeiten.
Wenn Sie bereits EDA-Erfahrung haben, können Sie nach den Grundlagen (Kapitel 1-3) gezielt zu spezifischen Themen springen. Querverweise helfen bei der Navigation.
Übungen zielen auf Anwendung und Reflexion, nicht nur auf Code. Der Schwerpunkt liegt auf Verständnis, Diskussion und Transfer in die Praxis.
Apache Kafka wird in diesem Manuskript als Mittel zum Zweck eingesetzt, nicht als Lernziel. Sie erhalten das notwendige Kafka-Grundverständnis für die Beispiele, aber keine tiefgehende Kafka-Schulung. Die vermittelten EDA-Prinzipien lassen sich ebenso mit anderen Event-Brokern wie RabbitMQ, AWS EventBridge oder Azure Service Bus umsetzen.